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Wunddokumentation

Vorschriften, Wundanamnese und Wundassessment

Einleitung

Die traditionelle trockene Wundversorgung, welche noch heute in vielen Teilbereichen der stationären und ambulanten Wundversorgung Anwendung findet, hat in den letzten Jahren zunehmend an Entwicklung erfahren.

Gerade dieser Gesundheitsbereich der Wundversorgung unterlag großen Veränderungen. So konnte sich allmählich eine moderne sogenannte ‚feuchte Wundbehandlung‘ durchsetzen, die zu einer wesentlich besseren Qualität und Effektivität der Wundbehandlung führte. Diese Art der Wundversorgung ist nicht wirklich neu, denn schon 1962 entwickelte der Molekularbiologe und Nobelpreisträger Georg Winter das Prinzip der feuchten Wundbehandlung, auf deren Basis heutzutage moderne Wundauflagen entwickelt werden.

Was ist Wundmanagement?

Heute spricht man schon lange nicht mehr nur von einer „Wundbehandlung“, sondern heute gehört die Versorgung von Wunden zum Wundmanagement, eine systemübergreifende, interdisziplinäre Zusammenarbeit von Ärzten unterschiedlicher Fachdisziplinen, der stationären und ambulanten Pflege und andere Therapeuten, um eine optimale Versorgung der Betroffenen zu ermöglichen.

Im allgemeinen Sprachgebrauch steht Management für eine  zielgerichtete und erfolgsorientierende Handlungsweise der leitenden Verantwortlichen, die in allen Lebensbereichen nach ökonomischen Prinzipien organisieren und planen.

Somit entwickelt sich nun auch die Wundversorgung zum modernen Wundmanagement, mit dem integralen Bestandteil der ausführlichen Wunddokumentation. Dabei umfasst das Wundmanagement nicht nur die Versorgung der Wunden in den jeweiligen Fachbereichen (Gefäßchirurgie, Dermatologie, Endokrinologie, Neurologie, Orthopädie, Gerontopsychiatrie oder Pädiatrie), sondern beinhaltet auch die Wundbeobachtung und Wundbeschreibung, die sich weiterhin in den Teilbereichen Wundrandmanagement, Wundexsudatmanagement, Schmerzmanagement, Ernährungsmanagement oder Bewegungsmanagement aufgliedert.

Durch die Neuorientierung der Wundversorgung zum Wundmanagement entstehen Anforderungen an die Wundversorgung und der Wunddokumentation, die nicht mehr alleine von üblichen Ärzten und Pflegekräfte übernommen werden können. Dafür ist ausdrücklich eine Fachkompetenz aufzubauen, die qualifiziert genug ist, die Themen des modernen Wundmanagements zu betreuen. Diese ärztlichen und pflegerischen Fachkräfte müssen in der Lage sein, während der Versorgung der Wunde die Wundheilungsphasen und die dazu gehörigen Einflussfaktoren zu erkennen und zu erfassen. Sie müssen an Hand der Wunddokumentationsvorlagen den Ist-Zustand beurteilen können, um in der Lage zu sein, die Wundtherapie – gegebenenfalls in Absprache anderen Fachdisziplinen – anzupassen, um den dynamischen Wundheilungsprozess zeitnah korrekt unterstützen zu können und eine Verschlechterung der Wundsituation zu vermeiden.

Gesetzliche Vorschriften

Auf Grund der Tatsache, dass alleine in Deutschland ca. 3-4 Millionen Menschen mit chronischen Wunden leben, die mit hohen Kosten für das Gesundheitssystem verbunden sind, kommt der Wundversorgung innerhalb des Gesundheitssystems eine entscheidende Relevanz zu, die im Sozialgesetzbuch (Fünftes Buch (V), Elftes Buch (XI) und in dafür entwickelte Richtlinien festgehalten wurden. So findet man zum Beispiel folgende Paragrafen die auch auf die Wunddokumentation anzuwenden sind:

  • 113 Abs. 1 SGB XI Qualität in ambulanten und stationären Bereich
  • 135a SGB V Verpflichtung zur Qualitätssicherung

Aus diesen erschließen sich die Anforderungen an das Wundmanagement, die Wundversorgung und die Wunddokumentation.

Weitere Gründe für die Wunddokumentation

Neben den zivil- und/oder strafrechtlichen Komponenten in der Wundversorgung ist die Wunddokumentation  im „Sozialgesetztbuch“ gesetzlich rauszulesen. Basierend auf die gesetzliche Notwendigkeit ist die Wunddokumentation auch verpflichtender Bestandteil von Rahmenverträgen der Krankenkassen und werden in den Empfehlungen und Leitlinien von  Experten des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) in den  Expertenstandards ausgearbeitet und beschrieben. Beispiele solcher Expertenstandards sind „Pflege von Menschen mit chronischen Wunden“,  „Expertenstandard Dekubitus“, „Expertenstandard Schmerz“ oder „Expertenstandard Ernährung“.

Die Wunddokumentation soll die Ergebnisse von Wundanamnese und Wundassessment wiederspiegeln. Sie ist essenziell für die Wundtherapie, dient der Qualitätssicherung sowie der rechtlichen Absicherung und lässt innerhalb der Versorgung Prognosen zu. Sie ist ein unverzichtbares Kommunikationsmittel, um sich innerhalb der unterschiedlichen Arbeitsbereiche präzise und nachvollziehbar austauschen zu können. Sie dient innerhalb der Wundversorgung dazu, die Wunde fachlich korrekt zu klassifizieren und zu beurteilen.

Es gibt eine Vielzahl von Wunddokumentationsvorlagen. Die Wunddokumentationsvorlagen können aber auch selbst neu entwickelt werden. Aus zeitlichen Aspekten und um Fehler bei der Wunddokumentation zu reduzieren, ist eine digitale Wunddokumentationsvorlage in  tabellarischer Form mit einem ankreuzenden Verfahren der freien Formulierung vorzuziehen. Die Wunddokumentationsvorlage sollte trotz eigener Gestaltungsmöglichkeiten inhaltlich einer Leitlinie folgen, um den unterschiedlichen Versorgungsbereichen den Ist-Zustand und die Vorgehensweise fachlich und schnell nachvollziehbar zu informieren. Jedoch wäre eine gemeinsame standardisierte Basisdokumentation für alle Wundversorger sehr hilfreich. Sie könnte noch besser zu Studienzwecken herangezogen werden und lässt Raum für weitere Entwicklungen. Letztendlich kommt eine systematisierte Wunddokumentation den Wundpatienten und den Wundversorgern zugute und steigert die Qualität der Versorgung unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit.

Eine Aufteilung der Wunddokumentationsvorlagen in einem Erstanamneseblatt und einem  Wundverlaufsdokumentationsbogen ist in der weiteren Wundbehandlung sehr effizient und unterstützt die unterschiedlichen Versorgern dabei, sich einen schnellen Überblick über die Wundsituation und den Wundparametern zu verschaffen.

Wundanamnese

Die Wundanamnese, welche für Ärzte und Pflege gleichermaßen wichtig ist, bezieht sich auf alle systemischen Faktoren der Wundheilung. Sie beinhaltet neben den Stammdaten die Ätiologie, also die Wundart, Wunddauer und dem Rezedivverhalten. Typischerweise geht man bei der Betrachtung von den drei am häufigsten auftretenden Erkrankungen in Verbindung mit chronischen Wunden und ihren Klassifikation bzw. Schweregrad aus. Diese sind

  • Ulcus Cruris (venös/arteriell), CVI nach Widmer, arteriell nach z.B. Stadien Einteilung von Fontaine (SIGN 2006) oder Rutherford Klassifikation (Rutherford und Becker)
  • Diabetischer Fuß, Wagner-Armstrong Klassifikation (WU und Armstrong 2005)
  • Dekubitus nach der 4Grad Einteilung, nach der Klassifikation Pressure Ulcer Treatment Guidelines (Übersetzung des DNQP)

Die Wundanamnese erfasst nicht nur die ursächlichen Erkrankungen, sondern alle weiteren Co-Faktoren wie Ernährung, Schmerz, Lebensstil, Lebensqualität und psychologische Aspekte. Aus diesem Zusammentragen von Fakten lässt sich eine individuelle Therapieform für den Betroffenen entwickeln. Diese Form der Erfassung unterstützt oder ermöglicht überhaupt erst eine Wundheilung. Zu einer qualitativ hochwertigen Wundtherapie gehört nicht nur die lokale Versorgung, sondern die Therapie der ursächlichen Agenzien, unteranderem die Kompressionstherapie, Haut- und Fußpflege, Blutzuckereinstellung, die passende Ernährung, Schmerztherapie, die Erfassung eines Bewegungsplans oder ein operativer Eingriff.

 

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Die Wundanamnese muss in der Erstaufnahme auch das Wissen des Betroffenen und seiner Angehörigen erfassen. In vielen vorangegangenen Studien wurde dargelegt, wie wichtig das Wissen um die eigene Erkrankung und das persönliche Engagement für die Wundheilung ist. Es stärkt die Selbstversorgungskompetenzen, das Selbstvertrauen und gibt  den Betroffenen die Möglichkeit, den Verlauf der Wundheilung selbst mit zu entscheidend.

Die anamnestische Erfassung  der Wunde und deren Wundlokalisation erfolgt in der allgemeinen medizinischen Fachsprache.

Die Wundgröße kann laut Expertenstandard mit Hilfe eines Wundlineals durch zwei Methoden vermessen werden – die perpendikulare Methode oder der Uhrmethode. Beide werden im Artikel für Wundassessment noch näher betrachtet.

Greis Modell

Die Wunde selbst lässt sich leicht nach dem GREIS-Modell beschreiben. Diese Form der verbalen einheitlichen Sprache demonstrieren T. Hunziker und T. Eberlein im Buch „Manual der Wundheilung“ von T.  Wild und J. Auböck. Meinen eigenen praktischen Erfahrungen nach wiederspricht sich diese Beschreibungsart nicht mit der Kriterienliste eines wundspezifischen Assessments.

Das Model „GREIS“ beschreibt den Aufbau einer Wunde, der sich wie folgt aufgliedert:

G – Wundgrund

R – Wundrand

E – Wundexsudat

I  – Wundumgebung Inflammation

S – Wund Subjektive Symptomatik

Die Parameter des Wundaufbaus lassen sich demnach mittels GREIS Modells systematisch darstellen, lassen aber auch die Option zu, Parameter zu ergänzen oder zu erweitern.

Wundgrund

Der Wundgrund (GREIS – G) wird nach der Größe, Fläche, Tiefe, Tektonik, Granulation, Beläge, Epithelisierung und unterliegenden Strukturen unterschieden. Dazu vermisst man die Wunde und untersucht in Bezug auf die Wundheilungsphasen das Gewebe bzw. die sichtbaren anatomischen Strukturen und ordnet diese entsprechend ein (z.B. nekrotisches Gewebe, Granulationsgewebe, Epithelgewebe).

Wundrand

Für den Wundrand (GREIS – R) zieht man neben der Konsistenz (weich, derb) und dem Hautstatus ebenfalls die Tektonik hinzu. Dazu zählt zum Beispiel Unterminierung, Bildung von Taschen, Tunnelbildung oder auch aufgeworfener Wundrand. Der Hautstatus des Wundrandes kann Epithelisierung, Mazerationen, Nekrosen, Blutungen,  Hyperkeratose, Zyanose, Anämie oder Entzündungen aufweisen.

Exsudation

Bei der Exsudation (GREIS – E) geht es um die Menge der austretenden Gewebsflüssigkeit, welche als gering, mäßig oder stark einzuschätzen ist. Diese kann aus der Häufigkeit des Verbandswechsels oder aus dem Gewicht der sekundären Wundauflagen ermittelt werden. Den Charakter des Exsudates beschreibt man als serös, sero-fibrinös, fibrinös, blutig serös, blutig oder eitrig. Der Geruch wird zur Vereinfachung in wahrnehmbar oder nicht wahrnehmbar oder wie im GREIS-Modell aufgeführt, geruchlos oder übelriechend erfasst.

Inflammation

Die Inflammation (GREIS – I) steht für Entzündung der Wundumgebung und wird in den Bereichen des Hautstatus beurteilt. Dazu werden Trophik, unterliegende Strukturen und selbst verursachte Schäden durch den Verband mit in die Betrachtung herangezogen. So können Veränderungen wie Hyperpigmentierung, Schuppungen, Trockenheit, Feuchtigkeit,  Narben oder Farbe erkannt und in die Wunddokumentation mit aufgenommen werden. Zu bemerken ist hier, dass sich der Hautstatus einer Wunde nicht nur auf das nähere Wundgebiet einer Wunde bezieht, sondern auch auf dem jeweilig betroffenen Körperteil.

Subjektive Symptomatik

Die subjektive Symptomatik (GREIS – S) beschreibt den Schmerz in Form von Stärke und verstärkenden Agentien. Zu unterscheiden sind bei der Erfassung in der Wunddokumentationsvorlage die Angaben zum Wundschmerz selbst, Aussagen über Umgebungsschmerzen und möglicher Juckreiz. Parameter für die Beschreibung der Wund- und Umgebungsschmerzen sind Intensität, Charakter der Schmerzen und mögliche Auslöser. Juckreiz hingegen wir durch die örtliche Feststellung des Auftretens (Lokalisation) beschrieben, wobei Hautveränderungen ein wichtiger Parameter für die Wunddokumentation ist.

Wundassessment

lupe

Für das Wundassessment können verschiedene standardisierte Messinstrumente verwendet werden.

Zum einen sind das solche Instrumente, die Anwendung in Studien finden und sich erst nach Auswertung und Publikation in der Praxis niederschlagen. Dazu gehören unteranderem Fragebögen für den Bereich der wundbezogenen Lebensqualität und der Selbstversorgungskompetenzen. Vertreter solcher anerkannten Fragebögen sind „Würzburger Wundscore“, „WittenerAktivitätenkatalog“ oder der „Cardiff Wound Impact Schedule“.

Zum anderen werden solche praktisch angewandte Verfahren für das Wundassessment herangezogen, die sich auf das lokale Geschehen der Wunde beziehen. Meistens haben sich diese Verfahren aus vorangegangenen Studien entwickelt und finden sich dann in der Wundbeschreibung wieder.

Die Möglichkeit der Nutzung verschiedener Messinstrumente oder Verfahren ist somit nicht nur gegeben, sondern wird in der Praxis auch ausgiebig genutzt. So kann der Wundschmerz nicht nur über die Visuelle Analogskala bestimmt werden, sondern auch mittels internationalem Erfassungsbogen zur Schmerzmessung namens „McGill Pain Questionnaire“.

Zur Erfassung des Ernährungszustands mittels MNA (Minimal Nutritional Assessment) dienen subjektive Daten wie Größe, Gewicht (BMI) und Körpermaße sowie die Kontrolle von Nahrung- und Flüssigkeitsaufnahme.

Die Erfassung der Wunde erfolgt über den Wunddokumentationsbogen oder einer digitalen Variante der Wundanalyse wie zum Beispiel dem ‚Wound Healing  Analyzing Tool‘ (W.H.A.T.)

Für welche Wunddokumentationsvorlage oder Tools man sich entscheidet, ist dem Fachbereich beziehungsweise den Wundmanager überlassen. Wichtig ist es, dass die vollständige Wundversorgung dokumentiert wird!

Fotodokumentation

Die Fotodokumentation ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, ist aber in der heutigen digitalen Welt ein wünschenswertes und einfaches Element in der Kommunikation. Es ist klar in seiner Aussage und kann zur  Schulungszwecken oder zum Nachweis herangezogen werden. Es bedarf dafür immer der schriftlichen Einwilligung des Betroffenen. Auch ist sicherzustellen, dass digitale Medien von Wunden und Patienten sicher aufbewahrt und vor Fremdzugriffen geschützt werden müssen.

Um eine ordentliche Fotodokumentation durchführen zu können ist es wichtig, eine korrekte Technik anzuwenden und bestimmte Vorgehensweisen vor und während des Fotografierens zu beachten. So sollte die Lagerung des Patienten entspannt sein und der Verbandswechsel vorbereitet. Zur Vorbereitung des Fotoapparates sollten Makrofunktion und Blitz eingeschaltet sein. Das Wundlineal wird mit Initialen, Geburtsdatum, Aufnahmedatum und Wundlokalisation vorbereitet. Bei der Durchführung selber sollte die Entfernung zum Objekt 30cm nicht unterschreiten. Für gutes Gelingen sollte ein neutraler Hintergrund gewählt und anderen Lichtquellen vermieden werden. Grundsätzlich sollte eine Gesamtaufnahme vom betroffenen Körperteil und eine zweite Aufnahme direkt von der Wunde mit Wundumgebung und dem Wundlineal gemacht werden. Dabei ist es wichtig, möglichst immer die gleichen Voraussetzungen beim Fotografieren zu schaffen, besonders in Bezug auf Lichtverhältnisse, Ort, Haltung, Bildausschnitt, Richtungswinkel und Kamerawinkel. Ein großer Vorteil einer Fotodokumentation ist es, dass sie schnell durchgeführt werden kann und eine sofortige Beurteilung mit allen Beteiligten zulässt. Weiterhin können Veränderungen in den einzelnen Wundheilungsphasen über eine längere Zeitspanne aufgezeigt und bewertet werden.

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